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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Sonntagsgedanken für den Alltag (4):
"Purpurträger" – für viele ein Hindernis des Glaubens.

(Nach Lk 23.35-43; Ev.v.So. "Christkönig" C)

Dezember 2010

Am Sonntag "Christkönig" wird ein Evangelium verlesen, welches nichts mit Königswürde und Hoheit zu tun hat, sondern mit Schmach und Erniedrigung. Jesus stirbt am Kreuz, verspottet von den Soldaten und aufgehängt zwischen Verbrechern. Auf grausame und erniedrigende Weise spielt sich ab, was Jesus dem Pilatus gesagt hatte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt!" - Jesus will kein König von dieser Welt sein!

Warum eigentlich nicht? Er könnte doch mit Macht und Einfluss durchsetzen, was er gepredigt und gelehrt hat! Er könnte alle unsere Probleme lösen bzw. lösen helfen!... Aber all das will Jesus nicht. Er will kein König von dieser Welt sein! Dadurch gibt er zu verstehen, dass sich Macht und Einfluss in dieser Welt allzu leicht mit menschlichen Ambitionen verbünden. Sie heißen: stets auf den ersten Plätzen sitzen wollen; sich von allen begrüßen und verehren lassen wollen; wegen der eigenen Wichtigkeit Purpurgewänder tragen; sich selbst überschätzen und das Volk als Kulisse der eigenen Macht und Herrlichkeit missbrauchen; sich als Exzellenz, Eminenz, heiliger Vater anreden lassen...

Jesus will ein solcher "König" nicht sein. Auch von seinen Jüngern hat er eher verlangt, täglich das Kreuz des Lebens und Leidens auf sich zu nehmen statt Purpurträger zu sein. – In den Tagen des November 2010 wurde in vielen Zeitungen und Broschüren das Verhalten des jungen Bischofs von Limburg bis in Einzelheiten hinein geschildert. Er gilt als arrogant und eigenmächtig. Seine Philosophie scheint zu lauten: wenn Jesus kein König von dieser Welt sein wollte, dann mache ich mich zum König über meine Herde! Dabei nimmt er sich selbst sehr wichtig und niemanden sonst; auch nicht verantwortliche Männer und Frauen. Goethe hat es schon gewusst: Es steht schlimm um eine Herde, wenn der Hirte selbst ein Schaf ist!

Im November 2010 hat der Papst neu ernannten Kardinälen die Purpurwürde erteilt. Was sind das für Leute? Nach welchen oberhoheitlichen Kriterien werden sie ausgesucht? Werden sie sich auch wie Könige von dieser Welt benehmen, wie es die Großen dieser Welt oft tun? Sind es Ja-Sager "nach oben" – Menschen, die kein eigenes Gewissen haben, kein Rückgrat, keine Wirbelsäule?

Katholiken wurden Jahrhunderte lang dazu angeleitet, solchen Königen von dieser Welt Gehorsam und Hochachtung zu erweisen. Diese haben in ihrem Glauben an sich selbst nicht gemerkt, dass sie bei all ihrem Purpur und roten Socken zu Hindernissen des Glaubens für viele geworden sind. Keine Kirche kann es sich erlauben, auf der einen Seite zum Lesen der Bibel zu ermutigen und gleichzeitig das Gegenteil von dem zu tun, was darin zu lesen ist. Heute wälzt sich die Welle der Bedenkenträger wie ein Sturmwind über das Land und durch die Kirche. Limburg, München, Augsburg, Regensburg, Köln... sind Beispiele für Widerstand und hoffentlich nicht für Ergebung.

Die Geschichte spricht Bände darüber, wie Könige dieser Welt sich in ihre Rolle hinein zu verlieben vermögen. Im Glauben an ihr "Gottesgnadentum" nehmen sie nicht mehr wahr, dass sie dem zu dienen haben, der nicht König von dieser Welt sein wollte. Ihr Auftrag wäre es, nicht wie Purpurträger in der Welt herumzulaufen, sondern in Einfachheit und Schlichtheit den Menschen glaubhaft die Augen und Ohren für die Diesseitigkeit und Jenseitigkeit Gottes zu öffnen.

Im November 2010 haben jüdische Männer und Frauen in den Medien berichtet, wie sie vor den Nazis gerettet wurden. Damals waren sie erst 10 oder 12 Jahre alt. Einfache Bauernfamilien in Deutschland und Polen, Nonnenklöster, Handwerker... haben die jüdischen Kinder jahrelang versteckt gehalten – dauernd Todesängste durchstehend und durchlebend. Denn wären sie entdeckt worden, sie wären genauso umgebracht worden wie die versteckten Kinder. Aus biblischer Sicht sind solche Retter die eigentlichen "Purpurträger". Ihnen gebührt Ehre und Ruhm. Doch wie es in der Welt ist, so auch in der Kirche: die im Lichte sind, die sieht man nicht...


Letzte SeitenÄnderung: 02.03.2011.
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