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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Christsein an der Wende - Glaube in postmodernen Lebenswelten

Dezember 1999

Die letzten 100 Jahre haben zur Erforschung des Lebens Jesu, seiner Worte und Taten, seiner Absichten und der Dynamik des christlichen Anfangs wahrscheinlich mehr beigetragen als einige Jahrhunderte davor. Man stelle sich das Unwahrscheinliche vor, daß die Kirchen und die gesamte Christenheit das "Zurück zu den Quellen des Evangeliums" (wie Papst Johannes XXIII. und das Zweite Vatikanum es proklamierten) systematisch und konsequent vorangetrieben hätten, statt sich zu sehr auf das spekulative Reden über Gott, auf Massenveranstaltungen und feierliche Deklarationen, auf theologische Definitionen und ökumenische Begriffshantierereien zu verlassen.... Hätte im neuen, nun beginnenden Jahrhundert wieder so etwas möglich werden können wie die "Dynamik des Anfangs"? Oder dümpeln die Kirchen weiterhin vor sich hin, immer vom Aussterben und Ausbluten bedroht? Vielleicht muß in einem eiskalten Winter erst Vieles absterben, damit eine neue Blüte ausbrechen kann. Zwischenzeitlich geht es nicht darum, in der Kälte des Winters zu erstarren, sondern den Frühling vorzubereiten. "Christsein an der Wende" macht tragfähige und zukunftsträchtige Weichenstellungen nötig.

Die verlorene Dimension: Die Sakramentalität des Lebens. Auf dem Konzil von Lyon (1274) wurde die Siebenzahl der Sakramente kirchlich festgesetzt und proklamiert. 800 Jahre früher hatte Augustinus noch von "Hunderten von Sakramenten" gesprochen. Damit waren Lebenswirklichkeiten gemeint, in denen sich die Menschen der Anwesenheit Gottes im Leben "sakramental" sicher waren. Wurde mit dem Ausschluß solcher Lebensvollzüge aus dem kirchlichen Bewußtsein das Leben selbst verbannt? Wurde die Trennung zwischen "Sakralem" und "Profanem", zwischen "Kirchlichem" und "Weltlichem", zwischen "Klerus" und "Laien" endgültig besiegelt? Wurde hier die "Säkularisierung" und "Entkirchlichung" der Welt, unter denen die Gemeinden heute massiv leiden, kirchenamtlich eingeleitet bzw. verstärkt? Kritische Stimmen beklagten damals schon: "Die Sakramente wurden definiert, die Praxis ist erstarrt" und: "Die Glaubensartikel wachsen, aber die Liebe nimmt ab" (so z.B. Erasmus von Rotterdam, gest.1536). Heute herrscht vielfach der Eindruck: Die gebliebenen 7 Sakramente leiden unter Lebens- und Blutarmut. Sie sind traditionell hochgehaltene Familien- und Lebenswendefeiern, die, in einem lebensfernen "heiligen" Raum schwebend, den eigentlich christlichen Sinn verloren haben. Inmitten der "heißen Kulturen" unserer Zeit scheinen sie einer "kalten Kultur" (Levi-Strauss) anzugehören... Es müßte also darum gehen, die "verlorene Dimension" wiederzufinden.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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