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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Betr.: "Donum vitae"

November 2000

Was die umstrittene Laien-Initiative "donum vitae" betrifft, so könnte man sie einen "Aufstand der Gewissen" nennen. Dieser "Aufstand" war längst überfällig, nachdem das schrumpfende, aber wacher werdende "Rest-Volk Gottes" bis in die jüngste Geschichte hinein die Erfahrung machen mußte, daß die Gewissen der Amtsträger sehr irrig und fehlbar zu sein vermögen. Zudem ist es dem Gewissen eigen, daß es sich nicht lehramtlich an die Kette legen läßt. Dafür ist es der persönlichen Verantwortung und der eigenständigen Lebensgestaltung gegenüber zu sehr verpflichtet. Dem Lehramt wäre es aufgegeben, zu einem besseren und schärferen Gewissen zu verhelfen, aber instrumentalisieren für eine bestimmte (Lehr)Meinung kann man es nicht - auch dann nicht, wenn sich Gewissens-Entscheidungen als irrig und falsch erweisen sollten.

Der Soziologe M. Ebertz meint, der gegenwärtige Prozeß könnte das Bild der Kirche entscheidend verändern. Dem ist in der Tat so. Hoffentlich führt er dazu, ein Dilemma der Kirche endlich zu beheben: die Kluft zwischen Lehre und Leben, zwischen "Evangelium und Kultur", wie Paul VI. sie nennt. Schon die Propheten des AT wußten: Lehren, Gesetze und Verordnungen können zwar die Menschen äußerlich verpflichten und untereinander verbinden. Deren strikte Befolgung führt aber auch zur religiösen Gewöhnung, zur "Abfindung Gottes" durch die Aufrechterhaltung und Pflege von Traditionen und Langweilichkeiten - letzlich aber auch zur Gewissenlosigkeit, zur Saft- und Kraftlosigkeit der Religion überhaupt.

Just in einem Augenblick, in dem man lehramtlich die Gewissen durch blinden Gehorsam und "Treue-Eide" wieder an die Kette legen wollte - nicht im Sinne des Evangeliums, aber ganz nach dem verhängnisvollen Muster diktatorischer Ideologien - , rührt sich Gott-sei-Dank das Gewissen großer Teile des Volkes. Was Kierkegaard schon im 19.Jh. gefordert hat, bricht sich Bahn: "Der Kampf um das Christentum wird nicht mehr ein Kampf bleiben um es als Lehre... Es wird um es als eine (liebende) Existenz gekämpft werden. Die Empörung in der Welt ruft: Wir wollen Taten sehen!"

Um es auf eine Formel zu bringen: Man kann den Laien nur gratulieren zu ihrer Initiative! Und vor allem dem etablierten Klerus wünschen, daß er endlich wach wird.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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