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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Religionslehre gut - alles gut?

20.03.2001

Die Kirchen legen großen Wert auf die religiöse Unterweisung der Kinder in den Schulen. Aber ist sie wirklich folgenreich? Ich erinnere mich meiner Religionslehrer. Besonders denke ich an den Geistlichen in den Jahren vor meinem Abitur. Er war streng gläubig, indoktrinierte und erklärte mit viel Drill die Lehre der Kirche. Er hat alles getan, um mich aus der Kirche heraus zu treiben.

Zwei Momente spielten dabei eine wichtige Rolle. Wer erstens den "Stoff" gut auswendig gelernt hatte und wiederzugeben vermochte, bekam eine gute bzw. sehr gute Note. Manche Schulkameraden legten es darauf an. Sie waren "sehr gut". In privaten Gesprächen, in ihrem Sich-Herumtreiben im außerschulischen Bereich aber machten sie sehr deutlich, dass sie von Religion nichts hielten. Solche Einstellungen kannte der Religionslehrer nicht. Er kannte nur das Gelernte. Dafür gab es Noten. Religion also: eine Sache des Wissens und der Kenntnisse, sonst nichts?

Die zweite Gruppe - es war die kleinere Fraktion in der Klasse - war von zu Hause aus anders geprägt. Ihnen ging es beim Fach Religion nicht zuerst um Noten. Verstärkt wurde dieser Trend unbewusst und unbeabsichtigt von einem Lateinlehrer. Wir Schüler wussten noch nicht einmal, ob er "kirchlich" war und welcher Konfession er angehörte. Aber was er in Latein lehrte, waren nicht nur Vokabeln. Er brachte menschliche Fragen, Probleme, Nöte, Ängste zur Sprache, wie sie von heidnischen Dichtern und Schriftstellern wie Ödipus, Vergil, Sokrates, Tacitus, Cäsar... bereits aufgegriffen worden waren. Seine Grundhaltung: Es gibt nie endgültige Antworten. Man muss den Dingen immer auf der Spur bleiben und mit "vorläufigen" Einsichten zu leben lernten. Wer "endgültige Wahrheiten" vertritt, ist nicht glaubwürdig. Vielleicht noch im Reden, aber nicht im Tun und in der Lebensführung. Denn einen Weg kann man immer nur gehen, eine erkannte Wahrheit immer nur tun, um allmählich klarere Vorstellungen über sich und über das zu bekommen, "was die Welt im Innersten zusammen hält" (J.W. von Goethe).

Das traf für ihn auch auf die Religion zu. Wahrscheinlich bin ich deshalb dabei geblieben, obwohl kein "sehr gut" im Religionsunterricht dabei heraus kam.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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