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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Stadt ohne Gott?

zu CiG 18/2009, 185, Mai 2009

Im Zusammenhang mit der bedrängenden Tatsache "Stadt ohne Gott" ist immer auch, im eher negativen Sinne, von der "Religion als Privatsache" die Rede, von der "Individualisierung des Religiösen". Positiv ausgedrückt, könnte man auch vermuten: im Maße des wachsenden "Ich-Bewußtseins" des Menschen kehrt er auch zum ursprünglichen und damit vor-christlichen "religiösen Bewusstsein" zurück. In den sog. "Naturreligionen" hatte dieses unmittelbar mit der Bewältigung des Lebens und seiner Gefahren zu tun, was die praktische Orientierung an ethischen und moralischen Wertvorstellungen zur Folge hatte. Wo solche sehr persönlich und individuell erlebte Anliegen heute wieder aufbrechen, entwickelt sich eine ausgesprochene Allergie gegen Bevormundung und Vereinnahmung durch religiös sich gebende Kompetenzen und Autoritäten. Die "anima naturaliter religiosa" wehrt sich gegen kirchlich bzw. konfessionell vorgefertigte Antworten auf Fragen, die niemand stellt. Wer heute mit Recht die "innere Kraft des Christus-Glaubens" postuliert, sollte wissen, dass dies nur durch die glaubwürdige Verkündigung des Christus der Bibel möglich ist – der ein einfaches Leben führte, der nicht von einem theologischen Lehrstuhl herab Dogmen verkündete, der in konkreten Lebenssituationen den Menschen zeigte, wie es geht, gottgemäß zu handeln und Leben zu gestalten. Würden die kirchlichen Würdenträger selbst wieder zu einem einfachen Leben zurückfinden und zugleich solche Anliegen aufgreifen, kämen sie nicht daran vorbei, verstärkt nach dem "sensus fidelium", nach der "vox populi" zu fragen. Hierarchische Ämterfragen, Ansprachen aus theologischen Elfenbeintürmen und klerikale Kompetenzansprüche sind in solcher Situation denkbar ungeeignet, den Christus-Glauben neu zu entfachen. Das Volksbegehren in Berlin hat gezeigt, dass ethische Anliegen nicht unbedingt unreligiös sein müssen. Wohl aber wollen sie frei sein von konfessionellen Voranmeldungen.


Letzte SeitenÄnderung: 21.10.2009.
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