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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Über Gott reden in der heutigen Zeit?

Von dem neuen Kardinal Lehmann kommt ein klares "Ja" auf diese Frage. Aber wie? Im Grunde gibt es nur zwei Gottesbilder, die in der Geschichte der christlichen Kirchen bis heute eine große Rolle spielen. Das eine ist das der Philosophen und Theologen. Irgendwann einmal hat man angefangen, das Reden und Forschen über Gott in die kirchlichen Amtsstuben, in die Hörsäle der Universitäten zu verlegen. Dazu hat man sich großer Philosophen der Antike bedient (Plato, Aristoteles...), um in Begriffen klar und deutlich zur Sprache zu bringen, was es mit Gott und der Welt auf sich hat. Dieser Prozess des Diskutierens und Definierens hat im Christentum eine "akademische Klasse" hervorgebracht, die - gemessen an der Mehrzahl der Christen - nur eine kleine Minderheit darstellt. Aber was Theologen an "Spezialistenreligion" produziert haben, an Lehren, Weisheiten und Wahrheiten, hat schließlich doch das Geschehen in den Kirchen bestimmt. Sie haben "Gläubige" gezeugt und geboren, diese so oder so "indoktriniert" bzw. ins konfessionelle Schlepptau genommen.

Das andere Gottesbild meint den verborgenen Gott, den niemand kennt und niemand je gesehen hat, der sich aber in den "Zeichen der Zeit" zu erkennen gibt. Dies ist das eigentlich tragende Gottesbild der gesamten Religionsgeschichte gewesen. Die Naturreligionen erahnen und künden die Anwesenheit eines "ganz Anderen" im Rauschen des Waldes, in der Fruchtbarkeit der Äcker, bei der Überwindung schwerer Krankheiten und ungeahnter Heilungsprozesse. Der Buddhismus spricht vom "göttlichen Urgrund", der allem Seienden zugrunde liegt und den es durch Zucht und Meditation zu ergründen gilt. Das Judentum meint den Gott, der einen Bund der Freundschaft und Lebensbegleitung mit der Menschheit eingeht und den es in der dramatischen Geschichte des Menschen zwischen Heil und Unheil zu suchen und zu finden gilt. Das Evangelium bzw. Jesus sprechen von Begegnungen mit dem kranken Bruder, der hilfsbedürftigen Schwester, mit Bettlern, Armen, Blinden, Kranken, den Kindern..., die mit Gottesbegegnungen und Gottesverehrung gleichzusetzen sind. Denn: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt. 25,40). Der große Theologe der Frühzeit, Augustinus († 430), sprach von Hunderten von Sakramenten, die es gibt. Er meinte damit Hunderte von Lebenssituationen, in denen der Mensch Gott zu erahnen und zu finden vermag.

Während immer weniger den Kirchen mit ihrem Definieren und Klarstellen zuhören, lebt auch in den säkularisierten Gesellschaften das Ahnen, Hoffen, Sehnen über das "Alltägliche" und "Unerlöste" hinaus, letztlich nach dem "ganz Anderen", der über die Banalitäten des Diesseits hinaus führt. Er wird erfahren in den Ereignissen des Lebens: wo Menschen sich lieben und einander zugetan sind; wo sie über den eigenen Schatten zu springen vermögen, um Freundschaft und Versöhnung zu stiften; wo sie immer die größeren Möglichkeiten ausschöpfen, die menschliche Grenzen sprengen. Den Aussagen des Evangeliums gemäß vermögen Menschen Gott immer da zu begegnen, wo sie ein Kind in seinen Namen aufnehmen; wo sie Nackte bekleiden und Hungrige speisen; wo sie am Meeresstrand stehen und der glühend-roten Abendsonne den letzten Nachtgruß sagen (Mt. 25,31-46). Der Gott der Geschichte und des Lebens ist überall. Wo heutige Menschen ihn finden, da müssen auch die "Berufschristen" in den Kirchen ihn wieder finden lernen.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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