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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Über Religionsunterricht und Pastoral

zu "Anzeiger für die Seelsorge":9/2001, 46f.
04.Sept. 2001

Eigentlich finde ich es immer sehr ermutigend und erfrischend, wenn Religionslehrer und Priester über ihre positiven Erfahrungen mit den angeblich so säkularisierten Menschen von heute berichten. Dann ist davon die Rede, daß auch Jugendliche durchaus Interesse finden (können) an religiösen Kernthemen. Es fände eine religiöse Sensibilisierung überall da statt, wo Menschen den plausiblen Zusammenhang erkennen zwischen religiösen Fragen und Antworten einerseits und ihrem gelebten Leben andererseits. Dabei spielen vor allem auch Lehrer- und Priesterpersönlichkeiten eine entscheidende Rolle. Was sie sagen und tun, muß glaubwürdig und authentisch etwas mit ihnen selbst zu tun haben; ohne "Scheuklappen" müssen sie kompetent ihre religiöse "Sache" zu vertreten imstande sein; ihre Lehre muß von der Liebe geprägt und inspiriert sein; sie muß den nachhaltigen Erweis liefern, daß das Christentum - mit seinen innerweltlichen Sinnangeboten auf "wahre Humanität" ausgerichtet - diese auch zu realisieren in der Lage ist...

Hohe Ansprüche an die Beteiligten also! Wer ist ihnen gewachsen? Wo es um die "wahre Humanität" geht, wird aber auch immer wieder eine seltsame und für mich unverständliche Angst vor der "Reduzierung des Christentums auf Ethik" geäußert. Weniger oder gar nicht findet sich die Angst vor der Reduzierung des Christentums durch Dogmatisierung, Moralisierung, Hierarchisierung, Juridisierung, Klerikalisierung ... Auch werden wenig die Fragen zur Sprache gebracht, warum die durch Religionsunterricht und Pastoral positiv sensibilisierten Menschen (Jugendlichen) so wenig oder kaum im Gottesdienst am Sonntag zu finden sind; warum sie sich so wenig am Leben der Gemeinden beteiligen, es fördern und gestalten; warum auch gute Predigten und Katechesen kaum dazu beitragen, den schrumpfenden Kirchen Einhalt zu gebieten, den fortlaufenden Erfolg zu stoppen...?

Sind Katechese und Pastoral vielleicht religiöse Sonderbereiche geworden, die Menschen individuell durchaus zu inspirieren und zu motivieren vermögen - aber ohne nachhaltige Auswirkungen auf Kirchen und Gemeinden? Wird das Christentum
im Sinne von Mt.25,31 bis 46 - nicht eher als "Ethik" verstanden und geschätzt denn als professionelles und unverstandenes Lehrgebäude? Damit verbunden wäre die Konsequenz, daß sich das "Reich Gottes" heute vielfältig auftut und gestaltet: überkonfessionell als Macht des Faktischen vieler Menschen "guten Willens", die nicht unbedingt im Rahmen herkömmlicher Kirchenverfaßtheiten agieren, sondern weit darüber hinaus... Die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte haben es schon gewußt und ihr ganzes Denken darauf eingestellt: Viele sind "draußen", die "drin" sind und viele sind "drin", die "draußen" sind. -

Wie wird "Kirche" in Zukunft die wachsende Mehrheit derer zu integrieren imstande sein, die "draußen" sind, aber nicht "drin", die auch gar nicht "drin" sein wollen? Liegt die Ursache der Krise vielleicht doch nicht bei den unkirchlichen Menschen von heute, sondern bei den im Guten verhärteten Traditions- und Berufschristen, bei denen das Wirken des hl. Geistes keine Chance hat? Ich denke: wir sollten sehr beunruhigt sein bei solchen Fragen.


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