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Gedanken über ZeitenWende - WendeZeiten (III): Globalisierung ohne "Navigationssystem"?
November 2004
Das Wort "Globalisierung" ist heute in aller Munde. Mit ihm taucht eine
Anzahl von Wunsch-Vorstellungen und Utopien auf. Von "Neo-Liberalismus" ist
die Rede, von wachsendem Kapitalismus bei wirtschaftlichen Fortschritt, von
internationalem Wettbewerb mit ungleichen Voraussetzungen, von "dem Tüchtigen
gehört die Welt".
Bange Fragen treten auf: wer werden die Nutznießer der kaum noch
kontrollierbaren Entwicklung sein? Wie viele werden dabei immer ärmer und wie
wenige immer reicher? Wie kann da noch "internationale Gerechtigkeit"
gelingen, wie eine "neue Friedensordnung"?
Auf solche Fragen bedarf es nicht einmal "theoretischer" und "grauer
Antworten". Denn eine bestimmte Art von "Zukunft" hat schon längst begonnen.
Kriege auf der Welt, das Flüchtlingselend von Millionen Männern, Frauen und
Kindern, Hunger und Heimatlosigkeit, wachsende Gewalt zwischen Verbänden und
ethnischen Gruppen, Recht- und Sprachlosigkeit von ohnehin Entrechteten,
Terrorismus und Fanatismus. Über dieses und vieles Andere kann man sich
täglich in den Medien ein Bild machen. Man könnte sie als Ausdruckformen
einer Angst bei Menschen verstehen, die eines Tages noch mehr als bisher zu
den Unterprivilegierten und Unterdrückten einer Entwicklung gehören, die man
"Globalisierung" nennt.
Bisweilen bin ich geneigt, das Geschehen in der Welt mit einem
Großraumflugzeug zu vergleichen, dessen Pilot sicher ist, das Flugzeug an den
Ort seiner Bestimmung zu geleiten. Der Pilot ist erfahren; er ist dieselbe
Route schon oft geflogen; er kennt den Sternenhimmel und die Berge, Klüfte,
Seen und Gebirgszüge, die er zu überfliegen hat. Weil er seiner Sache ganz
sicher ist, verlässt er sich auf sein Können, seine Erfahrung, seine
Routine... Er braucht kein Navigations- und Kontrollsystem, welches
normalerweise von außen den Flug begleitet und regelmäßig Kommandos über Funk
ausgibt, die den Piloten verpflichten, seinen Kurs zu ändern. Denn er glaubt,
allein mit vorhersehbaren und unvorhergesehenen Problemen fertig zu werden.
Ein Pilot ohne Navigationssystem ist in größter Gefahr. Der Prozeß der
Globalisierung ist es ähnlich. Naive Politiker und kurzsichtige Mächtige
glauben, dass sich der globale Markt "von selbst" reguliert nach dem Motto:
die Verantwortlichen sind edel und gut genug, um den Prozeß in den richtigen
Bahnen zu halten. Wie beim Flugzeug ein Navigationssystem unverzichtbar ist,
so auch eins beim Prozeß der Globalisierung. Man könnte ein solches Kontroll-
und Sicherungssystem auch "ethische Verpflichtungen" nennen, an denen sich
alle zu halten haben.
Konkret ausgedrückt: eine globalisierte Welt ohne internationale soziale
Gerechtigkeit; ohne tragfähige Friedensordnung, von der möglichst viele
überzeugt und aktiv beteiligt sind; ohne eine ethisch ausgerichtete
Verfassung, die von möglichst vielen als sinnvoll und verbindlich akzeptiert
wird - eine solche Welt gleicht einem Großraumflugzeug, bei dem das
Steuerungssystem ausgefallen ist. Wie lange es sich noch in der Luft zu
halten vermag bis zum sicheren Aufprall auf der Erde, ist nur eine Frage der
Zeit. Es kann knapp werden für eine Weltgesellschaft, die die Maßstäbe des
rechten Denkens und Handelns verloren hat.
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